12. Okt. 16:45
Der Oktober fühlt sich bereits wie November an, die Augen suchen in Abwesenheit von Himmelblau nach Farbe. Erneuter Besuch des Botanischen Gartens. Nahm eine Birne mit, um sie müßig in einem der von Hartmut Geerken bespielten Tropenhäuser zu verzehren.
Ich schlüpfte durch einen Seiteneingang in Halles Botanischen Garten, geriet auf einen mit Maronen übersäten Weg und ging weiter an tropfenden Bäumen, perlenden Herbstkrokussen und feuchten Astern vorbei in Richtung Tropenhäuser.
Das »Victoria-Haus« beherbergt Pflanzen aus Australien und Südamerika: Bromelien, eine Mangrove, vielfältige Farne, Gewächse der Erdnuss-Familie und einen großen Teich mit Seerosen. Das Geräusch tropfenden Wassers mischt sich mit einer beruhigenden akustischen Schleife, die sich aus Flüstern und Schnaufern zusammensetzt.
Das zweite Haus schwieg.
Das dritte Tropenhaus war auch still … oder doch nicht? Als ich eine dunkelrote, nasenförmige Blume aus Borneo näher besah, kam plötzlich Vogelzwitschern aus der grünen Wand, zwei lange »Twiiiet-twiiiet«-Rufe gefolgt von drei kurzen »Twitt-twitt-twitts«.
Ich besuchte auch noch einmal Peter Courtemanches im Gewirr der Kletterpflanzenhecken versteckte Arbeit im »Systemgarten«. Doch die schwieg, weil die Wolken keinen Sonnenstrahl durchließen. Da war nur das Rauschen der Bäume und das leise Trommeln der Regentropfen auf den Blättern.
Aber Blumen gab es! Und Tafeln mit charmanten und abenteuerlichen Planzennamen in leeren Beeten. Hier kommt eine kleine Auswahl und mit ihr einige der atemberaubenden Farben des Herbstes.
Schließlich linste ich durch die Fensterscheiben des Kakteenhauses. Ein nicht erklärbares Schild stak in der nachgebildeten bolivianischen »Berglandschaft« neben einer Unterart der Rebutia-Familie: »Radiation Sulcorebutia«. Es ist unklar, was »Strahlung« in diesem Zusammenhang bedeuten soll. Rebutien sowie ihre selten erwähnten Verwandten, die Sulcorebutien, sind keineswegs radioaktiv … Hm.