18. Okt, 20:30
Minigolf
von Alessandro Bosetti
Produktion: DLR/Neue Vocalsolisten Stuttgart/Radio 2014
Es mag ein wenig peinlich sein, es zuzugeben, aber während der gesamten Dauer von Alessandro Bosettis Hörstück dachte ich, es müsse hinter dem schwarzen Vorhand stattfinden, der vor der Bühne aufgespannt war. Nur wunderte es mich, warum ich keine Schritte hörte, während die Stimmen und der Gesang und die Geräusche glasklar durch die Lautsprecher klangen.
Minigolf ist eine stimmlich perfekte Choreographie, die sich nach dem Vorbild der Hörspiele aus den 30er Jahren um eine einziges Mikrofon herum entwickelt. Der Text: Beschreibungen von Menschen und Situationen in französisch und deutsch, teils gesprochen, teils gesungen, teils begleitet von feinster Vokalakrobatik.
Die eigentliche Erzählung ist luftig und zugleich verästelt auf eine Art, die einen an den Nouveau Roman denken lässt. Wissende Kicherer aus dem Publikum verraten, dass es hier Eingeweihte gibt, die den Schilderungen noch einen besonderen Geschmack abgewinnen können. Bosetti arbeitet seit langem mit Beschreibungen von Menschen, die in Echtzeit von anderen (oder ihm selbst) geschildert und entweder visuell auf einer Leinwand oder eben akustisch wie hier bei Radio Revolten umgesetzt werden: Welche Geschichten könnten hinter den Gesten, hinter der Kleidung, den mitgeschleppten Taschen, Hüten oder Getränken stehen? Während ein Teil der Texte und der Partituren bereits »fertig inszeniert« war, entspringen andere ganz offensichtlich der Beobachtung des Revolten-Publikums.
Minigolf ist zugleich eine Produktion von deutschlandradio Kultur. Selten geschieht es, dass die Radiolandschaft so auf den Kopf gestellt wird: Normalerweise sind es die KünstlerInnen, die bei den großen Sendern ums eine oder andere Mal produzieren dürfen. Hier nun war der Sender der Gast in einer Welt, die nahezu vollständig von Radio-Akteuren besiedelt ist. Entsprechend fühlbar war die Differenz, die einen durchaus ins Grübeln bringen konnte. Radio als Präsentation oder Radio als Daseinsform, beides wurde an diesem Abend erlebbar, wenn man das Glück hatte, noch die Kurve zu den Hausmannstürmen zu schaffen, wo Marold Langer-Philippsen als Gastgeber und Mitakteur zu Ralf Wendt’s »Hauser in the Woods« einlud.