Ordnung ist gefährlich

Okt. 12, 20:31

Xentos ‚Fray‘ Bentos ist nur eines der 280 Pseudonyme, die Jim Whelton zur Streuung seiner Werke ins Universum nutzt. Der Londoner Video- und Radiokünstler, Schriftsteller, Perfomer und Sounddesigner schrieb extra für diesen Abend ein brandneues Hörstück. Und dieses wurde zu einer weiteren wunderbaren Premiere – wie es auch die meisten anderen Auftritte bereits waren. Beinah übernatürlich war die Blitzgeschwindigkeit, mit der das umfangreiche Script ins Deutsche übersetzt wurde (in weniger als zehn Stunden) und das absolut souveräne und elegante Geschick Ralf Wendts beim Vortrag. Anna verriet mir, dass drei Leute gleichzeitig an der Übersetzung arbeiteten – und das Ergebnis war unglaublich. Ein Hoch auf Helen Thein und die heimlichen Genies im Corax- und Radio Revolten-Übersetzerteam!

 

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Infolgedessen und ausnahmsweise war das die bisher einzige Darbietung in deutscher Sprache. Ein Schild am Eingang warnte davor, dass die Künstler eine Nebelmaschine einsetzen würden. Tatsächlich wurde der Seitenvorhang von Zeit zu Zeit angehoben, um unter Zischen und Schwaden den Bühnennebel hereinzulassen.

Gewiss stellte dieser Monolog eines Außerirdischen aus dem Weltraum, der in den Geist eines Erdbewohners eingedrungen war, einige Herausforderungen an den Zuhörer. Papiere! Papiere! Wie können sie in Reihenfolge und nach Sinn sortiert werden?

»Was Sie nie tun sollten: Mit dem Lesen beginnen, während Sie es noch zu sortieren versuchen. Oder Sie sind noch immer dabei, wenn die letzten Sterne des Universums durch die Ewigkeit ausgelöscht werden.«

 

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Anfänglich war also eine (papierne) Unordnung und als Ergebnis ihrer Betrachtung entstand ein fraktales semantisches Gebilde unterschiedlicher Betrachtungen zu sehr verschiedenen Themen: Wasserschäden, Zeitreisen, Trümmer, Ziegentötungen, Klimaanlagen, Geisteszuständen usw..

Wendt machte dabei Gebrauch von einer recht feuchten Aussprache, die den Eindruck erweckte, er sei etwas verstört (wie sich herausstellte, war er sowieso ein Außerirdischer). Das Nachsinnen mündete schließlich in einen interessanten Bericht über Jesu Tod, und wir wissen nun unter anderem, dass seine Krone aus den Zweigen des »Schwarzdornbuschs« geflochten wurde.

 

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Xentos Bentos begleitete Wendts Monolog mit Papierrascheln und zurückhaltenden, aber nicht weniger akzentuierten Tonaufnahmen und -effekten. Und obwohl er der Autor des fulminanten Skripts war, äußerte er sich mit keiner Silbe. Ihr alle, die ihr im Leben noch nach einer Ordnung strebt, lasst euch ein Zitat in den Ohren klingen: »Ordnung ist eine gefährliche Sache, zumindest, bis ihr herausfindet, dass es keine gibt.«

Übersetzung: Der Emil.