Radio-Kabarett + Alien Creatures

Foto: Images of Whitehead and Dalo: Marcus-Andreas Mohr

28. Okt., 23:15

Die Erwartungen flogen hoch an diesem beinahe letzten Revolten Klub-Abend mit den Radiokunst-Pionieren Gregory Whitehead und Tetsuo Kogawa im Programm. Zusätzlich sollte der italienische Künstler und Musiker Roberto Paci Dalò sein Stück »1915 The Armenian Files« aufführen.

 

Whitehead bewies in seiner Performance ziemlich exakt den scharfsinnig-erfinderischen Esprit, für den er bekannt (und zuweilen auch gefürchtet) ist: Nach Witterungsaufnahme mit den Schwingungen des Tages und der Leute beschloss er das angekündigte Stück fallenzulassen – »ON THE SHORE DIMLY SEEN – no-touch torture, sound waves and the destruction of the self«, eine akustische Arbeit, die sich mit »unsichtbaren« Foltermethoden, wie sie in Guantanamo und anderen Gefängnissen dieser Welt praktiziert werden.
Stattdessen fabrizierte er aus dem Stand eine Art »Radio-Kabarett«, bei dem das Publikum einen Call-and-Response-Gesang anstimmte, allerdings nicht, bevor es durch allerlei Stimmübungen inklusive Bauch- und Kopfstimme dafür fit gemacht wurde. Whiteheads Ding an diesem Abend waren Sprache und Gesang, Humor, Improvisation, Radio und Humor… und während eines höchst erfreulichen Teils sang er die Namen aller ordentlich Beteiligten in Sängerknabenmanier aus, als Hommage an alle Frauen und Männer, die dieses Festival möglich gemacht haben.

Man könnte einwenden, Whiteheads Performance sei vielleicht ein wenig zu »oberflächlich«, verglichen mit der großartigen KUNST (ja, in Großbuchstaben), die ungesehen und ohne Zeugen blieb. Leider kam mit Roberto Paci Dalòs Performance der Moment, wo ich heimlich wünschte, dieser Tausch zwischen Tragödie und Komödie wäre gerade anders herum passiert.
Dalò arbeitet als Klangkünstler, Musiker und Medienkünstler. Wie der Titel besagt, handelt sein Stück vom armenischen Krieg und von seinem Besuch in Beirut, wo er die Trümmer filmte, die von den Trümmern noch übrig waren.
Bestimmt ist die Idee hinter Dalòs Auftritt so komplex wie sie konzeptuell stimmig sein mag, und doch ging sie am Wesentlichen vorbei… zumindest in einer Umgebung, wo Künstler weniger mit (Re)Präsentation, befasst sind, als mit Authentizität.
Es hätte sehr geholfen, wäre das dokumentarische Materiel mit irgendeiner Form von Übersetzung daher gekommen. Wovon handelten diese Monologe/Dialoge? Wer sprach da? Musikalische Anspielungen auf die Kultur und das Schicksal Armeniens und schön gefilmte Bilder von Kindern oder Industrieruinen sind keine adäquaten Mittel, um mit dem Grauen und den Terror des Kriegs umzugehen, egal ob vergangen oder gegenwärtig.

 

Images of Whitehead and Dalò: Marcus-Andreas Mohr

Images of Whitehead and Dalò: Marcus-Andreas Mohr, the others: Courtesy Revolten; wikipedia.

Tetsuo Kogawa did not come to Halle in person but he sent a video. Of course, Kogawa is legend. Based on his DIY instructions on how to solder electronic parts, platens and wires together as to make a radio, a worldwide community of radio makers and activists sprouted and bloomed into fruition until today.
In his mail communication Kogawa said it had taken him twelve attempts to make the video. It proved to be 16 minutes of utter pleasure in image, sound and humor. Raised by his hands from a manege-style lit table four transmitters – each with a red antenna that dangled down from it like the coiled tail of some alien littles animal – engaged in a conversation that was solely contingent on their spacial relationships and the immediate parameters of the momentum. Radio is about communication and this was animated radio… animated by the flow of frequencies, the conductivity of the air and the varying distance between the participants. The feel of witnessing a discussion of little creatures from out of space was very strong and more than once I recalled that orange (or was it yellow) „hop ball alien“ from the movie Dark Star that emitted similar sounds. As far as I remember further, this whistling and squeaking creature was then partly responsible for the catastrophe in which the plot ended, but then again, this happened only because it was so much disliked and disrespected and not fed properly (vegetables!). What can be learned of these idle musings remains in the open 🙂

 

P.S.  I did it again: Deleted all image files from that evening!