14. Okt. ,12:24
»Hidden Elements« auf 99.3 eingeschaltet … Ich höre Wellenstürme, Windbrausen und ein paar Sätze über Maria Cunitz (geboren um 1610, Wołów, Schlesien), eine der gelehrtesten Astronominnen der Zunft und ihrer Zeit. Die Radiomacherin erzählt, dass Maria an einer Theorie arbeitete, die »die Positionen der Planeten als eine Funktion der Zeit zu verwenden« trachtete.
Ich höre weiter zu, es wird Menuett-Musik gespielt. Blaue & hellgoldene Sonnenstrahlen beleuchten die Welt hinter meiner Fensterscheibe. Ich stelle mir vor: Eine Frau in einem dunkel gestreiftem Kleid in einem Drehstuhl. Hastig steht sie auf und geht zu einem Tisch, auf dem ein feinverziertes Glas mit grüner Kräuterflüssigkeit steht. Ein bestickter Wandteppich hängt vor einer verborgenen Tür. Er zeigt Rotwild und einen Trompete blasenden Faun unter einem herbstlichen Blätterdach. Wie ungewöhnlich, denke ich, Wälder in Herbstfarben zu sticken.
Die Astronomin kehrt zu ihrem Stuhl am Teleskop zurück. Sie streicht die Falten ihres Kleides glatt, bevor sie das Okular schwungvoll wieder ans Auge zieht. Es ist still im Observatorium bis auf Marias Atem und das leise Quietschen des Stuhles, wenn sie ab und zu ihr Gewicht verlagert.
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Maria Cunitz‘ bahnbrechendes Werk war URANIA PROPITIA SIVE aus dem Jahr 1650, ein Kompendium mit dem Untertitel »Newe und Langgewünschete, leichte Astronomische Tabelln« basierend auf Keplers Entdeckungen. Der Kleinplanet »12624 Mariacunita« wurde ihr zu Ehren benannt, schreibt (das englische) Wikipedia.
Übersetzung: Der Emil.